Über die letzten zwanzig Jahre ist die Zahl der medizinischen Kunstfehler (Behandlungsfehler) gegen die Tätigkeit oder Unterlassung dieser von Ärzten enorm gestiegen. Die strafrechtliche Untersuchung dieser medizinischen Fälle wurde an die Strafgerichte übertragen, die unter Berücksichtigung zwei großer Straftaten entscheiden: 1) Körperverletzung durch Fahrlässigkeit oder 2) fahrlässige Tötung. Die zivilrechtliche Untersuchung dieser Fälle wurde an die Zivilgerichte übertragen, die unter Berücksichtigung von Vergehen (unerlaubter Handlungen) oder der Verletzung der Persönlichkeitsrechte entscheiden, wobei es bei einer Schadensersatzklage auch möglich ist, die Forderungen nach dem Vertragsrecht zu prüfen. Die Wahl zwischen straf- und zivilrechtlicher Verfolgung (oder beider Arten) ist dem Patienten – oder, im Falle seines Todes – seiner Erben überlassen.
Strafrechtliche Haftung
Die strafrechtliche Haftung eines Arztes entsteht, wenn der Arzt die geltenden Regeln der Medizin und Wissenschaft verletzt. Ein nicht erfolgreicher, aber lege artis (nach den Regeln der Kunst) durchgeführter medizinischer Eingriff ist unzureichend, um strafbare Fahrlässigkeit aufrechtzuerhalten. Im Fallrecht griechischer Gerichte kann keine strafrechtlich relevante Haftung befunden werden, wenn der Arzt eine korrekte Diagnose stellt, eine ärztlich angebrachte Behandlung vorschlägt oder durchführt, diese aber nicht anschlägt. Auf der anderen Seite stellen Fälle einer Vernachlässigung des Patienten, falscher Diagnose oder einer Behandlung und invasiver Fehler eine strafrechtliche Haftung des Arztes dar. Wenn das Verhalten eines Arztes durch ein Strafgericht für fahrlässig befunden wird, werden Freiheitsstrafen verhängt.
Zivilrechtliche Haftung
Bei der zivilrechtlichen Haftung wird unterschieden zwischen vertraglicher Haftung (Arbeitsvertrag oder Anstellungsverhältnis) und Delikthaftung. Schadensersatzansprüche, die auf Delikthaftung basieren, sind in der Regel häufiger anzutreffen, denn so hat der Kläger die Möglichkeit, Kompensation für materielle wie auch immaterielle Schäden einzuklagen. In der zivilrechtlichen Auffassung ist ein Arzt nicht verpflichtet, den Patienten zu heilen, sondern ihm eine vollständige und einheitliche medizinische Unterstützung zukommen zu lassen. Die Bedingungen für eine zivilrechtliche Haftung (basierend auf deliktrechtlichen Vorschriften) des Arztes sind: Handlung oder Unterlassung des Arztes, Fehler (absichtlich oder fahrlässig), Schaden am Patienten und Kausalzusammenhang zwischen der schuldhaften Handlung des Arztes und dem Schaden am Patienten. Neueste Entwicklungen im griechischen Fallrecht zeigen, dass Behandlungsfehler auch nach den geltenden Richtlinien für die Erbringung von Dienstleistungen geahndet werden. Daher haben die griechischen Gerichte Art. 8 d. G. 2251/1994 zum Schutz der Verbraucher zur Anwendung gebracht. Oberer Artikel bezieht sich auf die Umkehr der Beweislast. Die Beweislast für die Erbringung von medizinischen Dienstleistungen, den Schaden und den Kausalzusammenhang zur geschädigten Person (Kläger) sowie die Last, nicht schuldhaftes oder illegales Verhalten zu beweisen, liegen allein beim Arzt. Sollte das Gericht das Verhalten des Arztes als fahrlässig betrachten, ist der Arzt verpflichtet, der verletzten Person oder dessen Erben zu entschädigen.
Aufklärung und Zustimmung
Es ist von besonderer Wichtigkeit, das Verhalten des Arztes (sowohl in straf- wie auch zivilrechtlicher Hinsicht) genauestens zu beurteilen, um herauszufinden, ob der Patient im Vorfeld umfassend über den medizinischen Eingriff aufgeklärt und über die damit verbundenen Risiken aufgeklärt wurde – und seine Zustimmung gegeben hat. Diese besondere, eindeutige und schriftliche Einverständniserklärung des Patienten für den vorgesehenen medizinischen Eingriff kann den Arzt vor einer möglichen Haftung schützen, vorausgesetzt, dass der Eingriff lege artis durchgeführt wurde und die entstandenen Verletzungen bzw. Schäden am Patienten Teil des mit dem Eingriff verbundenen Risikos waren – quasi Komplikationen, über die der Patient im Vorfeld aufgeklärt wurde und eingewilligt hat.
(Medizinische) Praxis und Schlussfolgerungen
In der Praxis ist die Bewertung medizinischer Eingriffe durch das Gericht ein komplexer und schwieriger Vorgang. Weder Richter noch Rechtsanwälte sind mit der spezifischen medizinischen Fachterminologie vertraut. Oft wird nicht berücksichtigt, dass die Schulmedizin eine empirische Wirtschaft ist, wobei die Diagnose von Krankheiten und die Auswahl der richtigen Behandlung rein auf die Wahrscheinlichkeit basiert, welche am wenigsten wahrscheinliche Krankheit nach Beurteilung der Symptome des Patienten ausgeschlossen werden kann.
Klagen und Bezichtigungen von Ärzten haben in Griechenland sprunghaft zugenommen, und die Gerichte sind dazu übergegangen, zugunsten von Patienten (bzw. deren Erben) zu urteilen. Daher ist es heutzutage recht üblich, dass Gerichte den Klägern hohe Entschädigungssummen zusprechen. Dies hat einerseits zu einer vollständigeren, strikten und gerechteren gerichtlichen Behandlung von Fällen der medizinischen Fahrlässigkeit geführt, und andererseits zur Etablierung der sogenannten „Defensivmedizin“. Eine Manifestation dieser „Defensivmedizin“ ist das Vornehmen von vielen, unnötigen ärztlichen Untersuchungen für jeden einzelnen Fall (wobei die Kosten dafür häufig nicht von Zusatzversicherungen übernommen werden), um sicherzustellen, dass der Arzt vor Klagen gegen Behandlungsfehler rechtlich und umfänglich geschützt ist.